Neukölln: Beteiligung zum Verkehrskonzept Körnerkiez
Bezirksamt Neukölln
Im ersten Halbjahr 2024 wurde ein Verkehrskonzept für den Körnerkiez im Berlin Neukölln entwickelt. Ziel ist die Reduzierung des Durchgangsverkehrs und die Verbesserung der Aufenthalts- und Wohnqualität für die Menschen im Körnerkiez. Insbesondere Radfahrende und Fußgängerinnen sollen sich künftig sicherer und komfortabler bewegen können. In den Erarbeitungsprozess konnten sich die Menschen aus dem Kiez aktiv einbringen – bei drei Präsenzveranstaltungen, einer Online-Beteiligung, einem Kiezspaziergang sowie speziellen Formaten für Kinder und Jugendliche. Bei den Vor-Ort-Veranstaltungen und -Beteiligungsformaten haben sich ca. 400 Personen beteiligt, darunter 77 Kinder und Jugendliche. Bei der Online-Beteiligung haben sich 300 Menschen eingebracht. Die Erarbeitung geht auf den Einwohnendenantrag “Körnerkiez Neukölln – für Menschen statt Durchgangsverkehr” zurück, der am 28.06.23 der Bezirksverordnetenversammlung übergebenen wurde.

Über das Projekt

Personen von links nach rechts: Hannah Zacher, Charikleia Kazantzidou, Pia Zieren, Christina Leber, Klara Schmitt, Bjarne Lotze, Lukas Schulte, Dr. Esther Hoffmann, Marcel Jenisch

Der am 28.06.2023 übergebene Einwohnendenantrag “Körnerkiez Neukölln – für Menschen statt Durchgangsverkehr” wurde am 15.11.23 von der Bezirksverordnetenversammlung beschlossen.

Auf Grundlage des Beschlusses hat der Bezirk Neukölln die Erarbeitung eines Konzeptes für verkehrsberuhigende und verkehrslenkende Maßnahmen im öffentlichen Straßenraum – kurz Verkehrskonzept Körnerkiez – beauftragt. Die Erarbeitung sollte unter Beteiligung der Menschen im Körnerkiez durchgeführt werden.

Ziel der Erarbeitung des „Verkehrskonzeptes für den Körnerkiez“ war es, ein Leitbild für die Mobilität im Körnerkiez zu entwerfen und darauf aufbauend einen Maßnahmenkatalog zu erstellen. Dieser Katalog umfasst verkehrsberuhigende und verkehrslenkende Maßnahmen, die aufeinander abgestimmt sind und alle Verkehrsarten berücksichtigen. Die Maßnahmen zielen darauf ab, den Durchgangsverkehr im Kiez zu reduzieren und die Aufenthaltsqualität und die Wohnruhe zu verbessern. Dabei werden die verkehrliche Anbindung und die Aufenthaltsqualität gleichberechtigt betrachtet. Der Fokus liegt auf einer fahrrad- und fußgängerfreundlichen Gestaltung des Straßenraums, sowie auf den Belangen des Wirtschaftsverkehrs und der Verkehrssicherheit. Beispielsweise umfasst der Maßnahmenkatalog die Neusortierung des ruhenden Verkehrs, die Reduzierung von Geschwindigkeiten, Fahrbahnerneuerungen für den Radverkehr, die Erhöhung der Sicherheit im Fußverkehr durch Querungshilfen sowie eine verbesserte Anbindung an die ÖPNV-Zugangspunkte. Auch Aspekte der Klimaanpassung und die Minimierung von Gefahrenquellen zwischen unterschiedlichen Verkehrsteilnehmenden werden berücksichtigt.

Kommunikations- und Beteiligungsangebot

Das Konzept ist auf einem breit angelegten Kommunikations- und Beteiligungsangebot aufgebaut. Es war uns wichtig, die im Kiez lebende Bevölkerung, lokale Initiativen und öffentliche Einrichtungen einzubeziehen und zu aktivieren. Durch den Beteiligungsprozess sollten sie über das Vorhaben informiert und ihre Bedürfnisse und Wünsche erfasst werden. Diese wurden bei der Erarbeitung des Verkehrskonzeptes berücksichtigt.

Gegenstand der Beteiligung waren die Anregungen, Wünsche und Bedürfnisse der Bevölkerung sowie weiterer Stakeholder, wie zum Beispiel sozialer Einrichtungen, der Feuerwehr, der Polizei und Gewerbetreibender. Darüber hinaus wurden Rückmeldungen und Bewertungen zu den Maßnahmen im Entwurfsstand eingeholt.
Die Beteiligung umfasste außerdem Anregungen zur Priorisierung und räumlichen Verortung der Maßnahmen, nachdem der Maßnahmenkatalog abgestimmt war. Auch bei der Auswahl zwischen unterschiedlichen Varianten konnten die Teilnehmenden Anmerkungen und Präferenzen einbringen.

Die Beteiligung fand auf den Stufen Information und Konsultation/Mitwirkung statt. Entsprechend der Berliner Leitlinien für die Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern wurde ein Beteiligungskonzept erstellt und vor Beginn der Beteiligung veröffentlicht.

Ablauf des Prozesses

Als Grundlage des Verkehrskonzepts dienten Verkehrszählungen sowie ergänzende Verkehrsbeobachtungen im Untersuchungsgebiet.

Darüber hinaus wurden qualitative Interviews mit sechs verschiedenen Akteur*innen geführt: darunter die Feuerwehr, eine Schule, eine Pflegeeinrichtung, ein Gastronomiebetrieb sowie zwei nachbarschaftliche Initiativen.

Die Beteiligungsphase begann mit einer Auftaktveranstaltung am 20. Februar 2024. Bei dieser Informationsveranstaltung wurden die Grundlagen des Projekts vorgestellt. Die Veranstaltung wurde von ca. 90 Personen besucht.

Vom 20. Februar bis zum 11. März 2024 fand eine Online-Beteiligung statt. In einer Umfrage sowie anhand eines digitalen Lageplans des Körnerkiezes konnten Bürger*innen Wünsche, Anregungen und Kritik einbringen. Bei der Online-Beteiligung haben 299 Personen mitgemacht. Es wurden über 300 Ideen eingereicht, die 800-mal kommentiert und fast 6.000 Mal mit einem Daumen nach oben oder nach unten bewertet wurden. Bei einer persönlichen Sprechstunde im Nachbarschaftscafé wurde eine Unterstützung für die Online-Beteiligung angeboten.

Im Rahmen der Kinder- und Jugendbeteiligung wurden vom 12. bis 20. März 2024 drei Formate durchgeführt. Dabei konnten Kinder und Jugendliche auf einem ausgedruckten Bodenplan des Körnerkiezes mithilfe von Stickern Orte markieren, die sie als besonders wichtig oder problematisch empfinden. Insgesamt haben sich 77 Kinder und Jugendliche beteiligt.

Ein Kiezspaziergang fand am Samstag, den 16. März 2024, statt. Gemeinsam mit dem Stadtrat, den beauftragten Planungsbüros, Mitarbeitenden des Bezirksamts sowie interessierten Bürger*innen wurde der Kiez begangen und vor Ort diskutiert. An dem Spaziergang haben ca. 40 Interessierte teilgenommen.

Am 23. April 2024 folgte eine Beteiligungswerkstatt mit drei Thementischen zu den Bereichen Fußverkehr, Radverkehr sowie motorisierter Verkehr und Lieferverkehr. An den Tischen diskutierten Bürger*innen gemeinsam mit Mitarbeitenden des Ordnungsamts, des Straßen- und Grünflächenamts, des Stadtentwicklungsamts, Vertreter*innen der Polizei sowie Bezirkspolitiker*innen über erste Entwürfe für konkrete Maßnahmen. An der Beteiligungswerkstatt haben ca. 100 Personen teilgenommen.

Die Abschlussveranstaltung fand am 21. Mai 2024 statt. Dort wurde das fertige Verkehrskonzept ca. 70 Personen vorgestellt und abschließend Raum für Rückfragen gegeben.

Von den drei großen Veranstaltungen wurde ein Videomitschnitt des Präsentations- und Fragenteils veröffentlicht. In den Mitschnitten ist der Ton zu hören und die jeweils aktuelle Präsentationsfolie zu sehen.

Zielgruppen und Ansprache / Öffentlichkeitsarbeit

Zielgruppe der Beteiligung waren insbesondere Anwohnende sowie lokale Akteur*innen. Es wurden bewusst verschiedene Beteiligungsformate genutzt, um verschiedene und insbesondere auch stille Gruppen, die im Kiez leben, zu erreichen. Dazu gehörten z. B. Senior*innen und Kinder oder Menschen, die nicht gut lesen und schreiben können.

Das Verkehrskonzept zielt darauf ab, die Aufenthaltsqualität für Anwohnende in Wohngebieten zu erhöhen, Raum für Spiel, Begegnung, mehr Grün, Erholung und klimafreundliche Verkehre zu schaffen. Anregungen zum Verkehrskonzept durch Besucher*innen des Kiezes wurden auch aufgenommen. Diese waren aber nicht die primäre Zielgruppe, die mit der Beteiligung erreichen werden sollten.

Um die Bevölkerung (inkl. stiller Gruppen) zu aktivieren, wurden verschiedene Beteiligungsformate zu verschiedenen Tageszeiten und Wochentagen durchgeführt. Um die Bevölkerung über die Erstellung des Verkehrskonzeptes zu informieren und auf die verschiedenen Beteiligungsformate hinzuweisen, wurde mit verschiedenen Multiplikator*innen kooperiert. Dazu gehörten:

  • Lokale Akteur*innen (Initiativen, Gewerbetreibende, Ärzt*innen)
  • Lokale Einrichtungen (Soziale Einrichtungen, Kulturzentren, Sportstätten und -vereine, Kitas und Schulen)
  • Die Bürgerstiftung Neukölln: Projekt „Leicht gemacht“ – Beteiligung für gering literalisierte Erwachsene
  • Lokalblätter (z. B. Kiez und Kneipe, Facetten-Magazin Neukölln)

Es wurden folgende Mittel zur Kommunikation genutzt:

  • Einladungen zu Veranstaltungen per Hauswurfsendung an alle Haushalte
  • Aushänge an diversen Orten im Kiez (an Schulen, Kitas, Geschäften, Spätis etc.)
  • Projektbegleitende Webseite Mein.Berlin (https://mein.berlin.de/vorhaben/2023-00847/)
  • Pressemitteilungen des Bezirksamts, Social Media Posts (Instagram), E-Mail-Verteiler
  • Lokalblätter (z.B. Kiez und Kneipe, Facetten-Magazin Neukölln)

Zusätzlich wurde ein Projekt-Newsletter für alle Interessierten angeboten, der über Beteiligungsmöglichkeiten, Ergebnisse und weitere Entwicklungen informiert hat und auch künftig über den aktuellen Stand der Umsetzung informieren wird. Zum Abschluss des Prozesses wurde der Newsletter von 122 Personen abonniert.

Unterstützung durch den Mitmach-Laden – die Anlaufstelle für Bürgerbeteiligung in Neukölln

Der Mitmach-Laden ist gemäß der Berliner Leitlinien für die Beteiligung von Bürger*innen die Anlaufstelle für Beteiligung im Bezirk.

Der Beteiligungsprozess wurde vom Mitmach-Laden von Beginn an durchgängig begleitet. Durch die Ressourcen des Mitmach-Ladens wurde der Prozess und die Arbeit des für die Beteiligung beauftragten Dienstleistungsbüros in folgenden Punkten unterstützt:

  • Beratung des Fachamts und der Dienstleister zu den Beteiligungsmethoden und zur Erreichung der Zielgruppen
  • Vernetzung der Dienstleister mit lokalen Akteuren
  • Erarbeitung des Beteiligungskonzepts
  • Darstellung des Vorhabens auf mein.berlin sowie Durchführung der Online-Beteiligung
  • Überarbeitung von Texten (Flyer, Plakate, mein.berlin) mit Blick auf einfache und verständliche Sprache
  • Vernetzung des Dienstleistungsbüros mit Multiplikator*innen im Kiez
  • Bewerbung über eigene Kanäle

Folgende zusätzliche Angebote des Mitmach-Ladens haben den Prozess ergänzt:

  • Projekt-Newsletter zu Beteiligungsmöglichkeiten, Ergebnissen und weiteren Entwicklungen
  • Mitschnitt des Präsentations- und Fragenteils der drei großen Veranstaltungen
  • Technische Unterstützung beim Kiez-Spaziergang
  • eine Sprechstunde zur Unterstützung bei der Online-Beteiligung
  • Ansprechbarkeit (und Sprechfähigkeit) zu den Ergebnissen, zum laufenden Prozess und zum aktuellen Stand per Mail, Telefon und vor Ort, Beratung von aufgrund der Umgestaltung verunsicherten Bürger*innen
  • Vorstellung des Konzepts und Beantwortung von Fragen im öffentlichen Raum (Kiezfest, Sprechstunde in Bibliothek, etc.)

Projekt “Leicht gemacht” der Bürgerstiftung Neukölln

Den gesamten Beteiligungsprozess hat das Projekt „Leicht gemacht“ der Bürgerstiftung Neukölln unterstützt.

Das Projekt „Leicht gemacht – Beteiligung für gering literalisierte Erwachsene“ hat zum Ziel Menschen mit Lese- und Schreibschwierigkeiten Mut zu machen, an Beteiligungsprozessen teilzunehmen. Dies geschieht über die niedrigschwellige und zielgruppenorientierte Vermittlung von Zugängen zu Beteiligungsprozessen. Ein weiteres Ziel ist die Beteiligungsakteur*innen für die Bedarfe der Zielgruppe zu sensibilisieren, um die Beteiligungsverfahren an die Zielgruppe anzupassen. So sollen Beteiligungsverfahren mehr auf ressourcenarme Gruppen ausgerichtet werden.

Dazu führt “Leicht gemacht” in ganz Neukölln Workshops zur Vor- und Nachbereitung von Beteiligungsverfahren durch.

In den Workshops arbeitet “Leicht gemacht” mit einer Gruppe zu einem Beteiligungsverfahren, das ihren Lebensbereich betrifft. Dafür kommt “Leicht gemacht” vor Ort zu bestehenden Gruppen, z.B. Elterncafés, Gemeinschaftsgärten oder Sportvereinen.

Im Rahmen der Beteiligung zum Verkehrskonzept Körnerkiez hat “Leicht gemacht” mit den Teilnehmenden ihrer Workshops erarbeitet, worum es bei einer Beteiligung geht, welche eigenen Interessen die Teilnehmenden bezüglich der Beteiligung haben und wie sie diese einbringen können. Bei den Workshops wird auf einfache Sprache geachtet.

Bei der Beteiligung zum Verkehrskonzept Körnerkiez haben sich die Gruppen zum Beispiel mit folgenden Fragen auseinandergesetzt: „Was ist ein Verkehrskonzept?“ „Was soll hier im Kiez passieren?“ „Was hat das mit mir zu tun?“ „Was kann ich entscheiden?“ „Wie kann ich meine Meinung sagen?“

Teilnehmende der Workshops wurden anschließend von “Leicht gemacht” bei den Veranstaltungen und bei der Online-Beteiligung begleitet.

Außerdem fand ein regelmäßiger Austausch mit “Leicht gemacht” statt, um die Veranstaltungen und anderen Beteiligungsformate für die Zielgruppe von “Leicht gemacht” barriereärmer zu gestalten. U.a. wurden bei den Veranstaltungen Stopp-Schilder verteilt. Diese Schilder konnten hochgehalten werden, wenn ein Begriff oder eine Erklärung nicht verstanden wurde. In diesen Fällen wurde versucht, Fachbegriffe oder Sachverhalte einfacher und verständlicher zu erklären.

Nach Abschluss der letzten Beteiligungsveranstaltung wurde das Beteiligungsverfahren mit den Teilnehmenden ausgewertet. Außerdem haben die Teilnehmenden die Ergebnisse des Beteiligungsverfahrens erhalten, falls sie bei einer Veranstaltung nicht teilnehmen konnten. So wurde der Informationsfluss zu den Ergebnissen sichergestellt.

Das Projekt „Leicht gemacht“ wird im Rahmen des Europäischen Sozialfonds Plus aus Mitteln der Europäischen Union und des Landes Berlin gefördert. Es wird von der Landeszentrale für politische Bildung Berlin fachlich begleitet.

Bezirksamt Neukölln, Straßen- und Grünflächenamt, Fachbereich Straßen; Stadtentwicklungsamt, Fachbereich Stadtplanung:

Das Bezirksamt Neukölln war für die übergeordnete Koordination des Projekts zuständig und stellte sicher, dass alle Prozesse den terminlichen, rechtlichen und finanziellen Vorgaben entsprachen. Das Straßen- und Grünflächenamt (SGA) als Fachamt entschied maßgeblich, welche Ergebnisse in die Planung aufgenommen werden konnten.

Planungsbüros: stadtraum – Gesellschaft für Raumplanung, Städtebau & Verkehrstechnik mbH und Fair Spaces GmbH:

Die Planungsbüros Stadtraum und Fair Spaces wurden mit der Erarbeitung des Verkehrskonzepts beauftragt. Der Auftrag beinhaltete die Durchführung der Verkehrszählung und der Bürger*innenbeteiligung. In enger Rückkoppelung mit dem Fachamt haben sie geeignete Maßnahmen zur Erreichung der Ziele des Verkehrskonzepts erarbeitet.

Mitmach-Laden:

Der Mitmach-Laden ist die Anlaufstelle für Beteiligung im Bezirk Neukölln. Er berät und unterstützt die Fachämter des Bezirksamts Neukölln und beteiligte Akteure bei der Durchführung von Beteiligungsprozessen. Die Rolle und die Aufgaben des Mitmach-Ladens in diesem Prozess wurden weiter oben beschrieben.

Projekt „Leicht Gemacht“ der Bürgerstiftung Neukölln:

Das Projekt „Leicht gemacht“ der Bürgerstiftung Neukölln bietet aufsuchende politische Bildungsformate für Gruppen im Kiez an. Die Gruppen werden durch „Leicht gemacht“ auf Beteiligungsmöglichkeiten vorbereiten. Im Rahmen der Beteiligung zum Verkehrskonzept Körnerkiez hat das Projektteam 6 Gruppen mit mehr al 100 Personen begleitet.

Der Beteiligungsprozess zum Verkehrskonzept Körnerkiez ist aus folgenden vier Gründen besonders auszeichnungswürdig:

  1. Stimmiges Prozessdesign

Der Beteiligungsprozess war kompakt angelegt und von Anfang an klar strukturiert. In nur vier Monaten wurde ein Ergebnis erarbeitet.

Die drei großen öffentlichen Veranstaltungen – Auftakt, Beteiligungswerkstatt und Abschluss – gaben dem Prozess einen klaren Rahmen und sorgten für Orientierung bei den Bürger*innen. Weitere Formate wie die vorbereitenden Interviews, die Online-Beteiligung, die Kinder- und Jugendbeteiligung, der Kiezspaziergang sowie der Einsatz eines Bodenplans wurden passgenau in diese Struktur eingebettet.

Der enge Zeitrahmen – zwischen Auftaktveranstaltung und Ergebnispräsentation lagen lediglich drei Monate – war frei von Leerlaufphasen und ermöglichte eine zügige, gleichzeitig aber fundierte Erarbeitung des Verkehrskonzepts.

Bereits vor Beginn des Prozesses einigten sich die beteiligten Planungsbüros und das Fachamt auf ein gemeinsames Beteiligungsdesign, das im Beteiligungskonzept veröffentlicht wurde. Dieses Konzept, das auf Grundlage der Berliner Leitlinien zur Bürger*innenbeteiligung erstellt wurde, formulierte sowohl die Ziele des Verkehrskonzepts als auch die des Beteiligungsprozesses. Zugleich wurden die Entscheidungsspielräume klar benannt: Was ist bereits entschieden, worüber wird diskutiert und was steht nicht zur Debatte? Diese frühzeitige und transparente Kommunikation schuf Vertrauen und Orientierung bei allen Beteiligten.

Das Beteiligungsdesign – und damit der gesamte Prozess – wurde eng mit dem zuständigen Bezirksstadtrat abgestimmt und hatte über die gesamte Dauer hinweg politische Rückendeckung.

  1. Beteiligung vieler Verschiedener und zielgruppengerechte Ansprache

Im Sinne des Neuköllner Beteiligungsschwerpunktes „Viele Verschiedene beteiligen“ wurde gezielt versucht, mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen möglichst diverse Zielgruppen anzusprechen – von Kindern bis hin zu Erwachsenen mit geringer Lese- und Schreibkompetenz.

Um eine breite Beteiligung zu ermöglichen, wurde ein vielfältiger Kommunikationsmix eingesetzt, bestehend aus klassischen Informationswegen und gezielter persönlicher Ansprache. Alle drei zentralen Veranstaltungen wurden mit zwei Flyern beworben (1. Veranstaltung und 2.&3. Veranstaltung), die als Hauswurfsendung an sämtliche Haushalte im Körnerkiez verteilt wurden. Ergänzend kamen Plakate zum Einsatz, die im öffentlichen Raum sowie in Cafés, Spätis und gastronomischen Betrieben ausgehängt wurden. Zudem wurde über Social Media und Pressemitteilungen auf die Beteiligungsmöglichkeiten aufmerksam gemacht.

Da mit diesen klassischen Kanälen jedoch meist nur ein Teil der Zielgruppen erreicht wird, setzte der Prozess zusätzlich auf direkte Ansprache durch lokale Multiplikator*innen. Im Körnerkiez zählen dazu unter anderem das Nachbarschaftshaus mit seinen vielfältigen Angeboten, die Stadtteilkoordination, Schulen und Kitas, die Stadtteilmütter sowie verschiedene lokale Vereine, Organisationen und Initiativen.

Um entscheidende Akteure frühzeitig einzubinden, wurde die Polizei zu den Veranstaltungen eingeladen und war auch vor Ort. Die Kiezblock-Initiative, die den ursprünglichen Einwohnenden-Antrag initiiert hatte, wurde vom Bezirksstadtrat regelmäßig auf dem Laufenden gehalten. Sie konnte so als konstruktive Partnerin gewonnen werden, die bei den Veranstaltungen nicht zu viel Raum eingenommen hat.

Durch das Projekt „Leicht gemacht“ konnten weitere Gruppen und insbesondere Menschen mit Lese- und Rechtschreibschwäche über die Beteiligungsmöglichkeit erreicht und informiert werden.

Zudem wurde bei einigen Formaten – wie dem Bodenplan im öffentlichen Raum sowie bei der Kinder- und Jugendbeteiligung – aufsuchend gearbeitet, also direkt an Orten, an denen sich die Zielgruppen aufhalten.

Schließlich wurden die Teilnehmenden der Veranstaltung gebeten, ihren Nachbarinnen und Freundinnen von dem Prozess zu erzählen und auf die Beteiligungsmöglichkeit hinzuweisen.

Bei der Gestaltung der einzelnen Beteiligungsangebote wurde bewusst darauf geachtet, vielfältige Zugänge zu ermöglichen und unterschiedliche Formen der Mitwirkung anzubieten (siehe Kapitel 3: Vielfältige Mitwirkungsmöglichkeiten). Alle Angebote sollten möglichst barrierearm und die Teilnahme angenehm gestaltet werden.

So wurde zu Beginn der Veranstaltungen darauf hingewiesen, dass gegenseitiger Respekt wichtig sei und die üblichen Kommunikationsregeln eingehalten werden sollen. Das hat dazu beigetragen, dass eine Diskussion auf Augenhöhe zwischen allen Beteiligten stattgefunden hat. Durch „Leicht gemacht“ wurde ein Spickzettel verteilt, der wiederkehrende Fachbegriffe wie „Fahrbahnvorstreckung“ in einfacher Sprache und bildlich erklärt hat. Mit einem Stopp-Schild konnten Teilnehmende signalisieren, dass ein Fachbegriff oder eine Erklärung noch einmal einfacher erklärt werden müsse. Im Anschluss an alle Veranstaltungen fand eine Feedbackschleife zwischen den Dienstleistern und „Leicht gemacht“ statt, um die Formate noch besser auf die Bedürfnisse der Teilnehmenden anzupassen.

  1. Vielfältige Mitwirkungsmöglichkeiten

Die Bürger*innen hatten vielfältige Möglichkeiten, sich in den Beteiligungsprozess einzubringen.

Bei den drei großen Veranstaltungen konnten sie ihre Ideen und Anmerkungen auf unterschiedliche Weise äußern – mündlich durch Redebeiträge, schriftlich mittels Post-Its sowie im direkten Austausch an Thementischen. Ein Videomitschnitt der Auftaktveranstaltung ermöglichte es zudem all jenen, die nicht vor Ort sein konnten, sich im Nachhinein über die Inhalte zu informieren und sich über andere Formate oder online aktiv zu beteiligen.

Die Online-Beteiligung bot die Möglichkeit, zeit- und ortsunabhängig und im eigenen Tempo Ideen und Kommentare einzureichen sowie an einer Umfrage teilzunehmen.

Beim Kiezspaziergang diskutierten die Teilnehmenden direkt vor Ort mit Mitarbeitenden des Fachamts und dem Bezirksstadtrat über Herausforderungen und mögliche Lösungen im Quartier.

Auch beim Bodenplan im öffentlichen Raum sowie im Rahmen der Kinder- und Jugendbeteiligung wurde dieser dialogische Ansatz verfolgt. Bürger*innen konnten ihre Beiträge eigenständig notieren oder ihre Ideen im Gespräch mit den Mitarbeitenden der Planungsbüros einbringen, die diese dokumentierten.

  1. Klare und transparente Kommunikation

Die Kommunikation im Beteiligungsprozess war von Beginn an transparent und klar.

Bereits im Beteiligungskonzept wurden frühzeitig das Beteiligungsdesign, die Zielsetzungen des Verkehrskonzepts und des Beteiligungsverfahrens sowie die bestehenden Entscheidungsspielräume offengelegt. Diese Eckpunkte wurden bei allen Veranstaltungen nochmals durch den zuständigen Bezirksstadtrat vorgestellt und erläutert. Dadurch erhielt der Beteiligungsprozess einen verlässlichen Rahmen.

Gleichzeitig betrieb der Bezirksstadtrat ein realistisches Erwartungsmanagement: Er machte transparent, dass das finale Verkehrskonzept nicht automatisch umgesetzt wird, sondern von der Verfügbarkeit entsprechender finanzieller Mittel abhängt – insbesondere auf Landesebene. Diese Offenheit trug wesentlich dazu bei, dass die Bürger*innen Verständnis für die finanziellen und strukturellen Hürden entwickelten, die mit der Umsetzung verbunden sind.

Vertrauen und Nachvollziehbarkeit wurden auch durch die kontinuierliche Präsenz der Mitarbeitenden des Fachamts gefördert – sowohl bei den Veranstaltungen als auch beim Kiezspaziergang. Sie konnten Fragen direkt beantworten, Vorschläge fachlich einordnen und aufzeigen, warum bestimmte Maßnahmen nicht umsetzbar sind oder sich alternative Lösungen besser eignen. Die sofortige Beantwortung von Fragen und die fachliche Einordnung trugen wesentlich dazu bei, die Diskussionen auf ein realistisches und umsetzbares Niveau zu lenken.

Die Teilnahme sowohl des Bezirksstadtrats als auch der Fachverwaltung ermöglichte es den Teilnehmenden zudem, die zeitlichen Abläufe und finanziellen Dimensionen von Planungsprozessen besser zu verstehen.

Der Mitmach-Laden übernahm im Prozess die Rolle als zentrale Anlaufstelle für alle Fragen rund um das Beteiligungsverfahren und das Verkehrskonzept. Um diese Funktion verlässlich auszufüllen, wurde das Team regelmäßig vom Fachamt und den Planungsbüros über den aktuellen Stand informiert. Durch die Ressourcen des Mitmach-Ladens konnte eine (werk)-tägliche Ansprechbarkeit für alle interessierten Bürger*innen geschaffen werden.

Darüber hinaus konnten Interessierte einen Projekt-Newsletter abonnieren, der über Beteiligungsmöglichkeiten, Ergebnisse und weitere Entwicklungen kontinuierlich informierte.

Weitere Informationen zum Projekt

Fotos des Prozesses:
https://www.berlin.de/ba-neukoelln/mitmach-laden/artikel.1564569.php

Beschluss der Bezirksverordnetenversammlung Neukölln:
Vorgang zum Einwohnendenantrag „Körnerkiez Neukölln – für Menschen statt Durchgangsverkehr“:
https://bvv-neukoelln.berlin.de/pi-r/vo020_r.asp?VOLFDNR=8664

Beteiligungskonzept:
https://meinberlin-media.liqd.net/uploads/Mitmach-Laden%20-%20Die%20Anlaufstelle%20f%C3%BCr%20Beteiligung%20in%20Neuk%C3%B6lln/2024/01/24/beteiligungskonzept_verkehrskonzept-kornerkiez.pdf

Mein.berlin / Online-Beteiligung:

Vorhaben-Seite auf mein.berlin:
https://mein.berlin.de/vorhaben/2023-00847/

Beteiligungsseite auf mein.berlin:
https://mein.berlin.de/projekte/verkehrskonzept-kornerkiez/

Ergebnisse (alle Dokumente, Präsentationen, Mitschnitte, etc.):
https://mein.berlin.de/projekte/verkehrskonzept-kornerkiez/results/

Materialien:

Spickzettel zu Maßnahmen:
https://meinberlin-media.liqd.net/uploads/Mitmach-Laden%20-%20Raum%20f%C3%BCr%20Beteiligung%20in%20Neuk%C3%B6lln/2025/05/28/Spickzettel%20von%20LG.pdf

Projekt-Newsletter:

Ausgabe 1 (16.02.2024): https://civicrm.neukoelln-beteiligt.de/civicrm/mailing/view?id=180&reset=1
Ausgabe 2 (01.03.2024): https://civicrm.neukoelln-beteiligt.de/civicrm/mailing/view?id=189&reset=1
Ausgabe 3 (14.03.2024): https://civicrm.neukoelln-beteiligt.de/civicrm/mailing/view?id=194&reset=1
Ausgabe 4 (18.04.2024): https://civicrm.neukoelln-beteiligt.de/civicrm/mailing/view?id=205&reset=1
Ausgabe 5 (07.05.2025): https://civicrm.neukoelln-beteiligt.de/civicrm/mailing/view?id=209&reset=1
Ausgabe 6 (20.05.2024): https://civicrm.neukoelln-beteiligt.de/civicrm/mailing/view?id=213&reset=1
Ausgabe 7 (30.05.2024): https://civicrm.neukoelln-beteiligt.de/civicrm/mailing/view?id=214&reset=1
Ausgabe 8 (05.09.2024): https://civicrm.neukoelln-beteiligt.de/civicrm/mailing/view?id=224&reset=1

Berichterstattung:
https://facettenneukoelln.wordpress.com/2024/02/19/1-beteiligungsrunde-zum-verkehrskonzept-koernerkiez/

Links zu beteiligten Akteuren

Mitmach-Laden: https://www.berlin.de/ba-neukoelln/mitmach-laden/

Leicht gemacht: https://www.neukoelln-plus.de/was-wir-machen/leicht-gemacht-beteiligung-fuer-gering-literalisierte-erwachsene-2-2-2-2/

FairSpaces: https://fair-spaces.de/

Stadtraum – Gesellschaft für Raumplanung, Städtebau & Verkehrstechnik mbH: https://stadtraum.com/