Bischweier: Bürgerforum
Gemeinde Bischweier
Die Gemeinde Bischweier erhält die Auszeichnung für ihr Bürgerforum und den daran anschließenden Bürgerentscheid, mit denen eine Gewerbeansiedlung zur Produktionsversorgung und Vormontage für die Mercedes-Benz AG begleitet wurde. Dazu erarbeiteten 34 zufällig ausgewählte Bürgerinnen und Bürger die Themen Verkehr und Auswirkungen auf Gemeinde, Region und Umwelt und erstellten ein Bürgergutachten, das an den Bürgermeister und den Gemeinderat übergeben und bei einer Bürgerinformationsveranstaltung der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Die Planungen wurde daraufhin angepasst und verbessert. Im Januar 2023 fand ein Bürgerentscheid zur Frage statt, ob die Gemeinde ein Verfahren für einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan einleiten soll. Mit 76,23 Prozent stimmten die Bürgerinnen und Bürger für das Vorhaben. Die Wahlbeteiligung lag bei 47,55%. Damit ist das Resultat bindend. Die Planungen werden nun weiter vorangetrieben.

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Bürgerforum Bischweier

Mit den Bürgern – für die Bürger! Mit diesem Leitgedanken haben der Bürgermeister und der Gemeinderat Bischweier ein Bürgerforum ins Leben gerufen, um eine Gewerbeansiedlung zur Produktionsversorgung und Vormontage für die Mercedes-Benz AG zu begleiten.

Im Herbst 2022 haben 34 zufällig ausgewählte Bürgerinnen und Bürger aus Bischweier in vier Sitzungen die Themen Verkehr und Auswirkungen auf Gemeinde, Region und Umwelt intensiv bearbeitet. Das Bürgergutachten wurde an den Bürgermeister und den Gemeinderat übergeben. Bei einer Bürgerinformationsveranstaltung wurde es der Öffentlichkeit vorgestellt.

Die Planungen wurde daraufhin angepasst und verbessert.Im Januar 2023 fand ein Bürgerentscheid zur Frage statt, ob die Gemeinde ein Verfahren für einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan einleiten soll. Mit 76,23 Prozent haben die Bürgerinnen und Bürger für das Vorhaben gestimmt. Die Wahlbeteiligung lag bei 47,55%. Damit ist das Resultat bindend. Die Planungen werden nun weiter vorangetrieben.

Gemeinderatsentscheidung

Bei der Transformation von Industriesektoren wird viel über die Veränderungen bei der Technologie, in der strategischen Ausrichtung oder im Produktions- und Prozessmanagement gesprochen. Die Transformation verändert aber auch das Lebensumfeld von Menschen – nämlich dort, wo neue Industrie- und Gewerbeansiedlungen passieren. Hier müssen die Bürgerinnen und Bürger früh mitgenommen werden. Dies haben Herr Bürgermeister Robert Wein und der Gemeinderat der Gemeinde Bischweier sehr früh erkannt. Bereits mit der öffentlichen Vorstellung der Planungen der Vorhabenträger in einer öffentlichen Sitzung des Gemeinderats entschied der Gemeinderat, dass ein Bürgerforum eingerichtet werden soll, bevor eine Entscheidung über die Einleitung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplanverfahrens getroffen wird.

Bürgergutachten

Das Ziel der Beteiligung war es, zu einem frühen Zeitpunkt die Meinungen und Anregungen der Bürgerinnen und Bürger zur Ansiedlung einer Produktionslogistik von Mercedes- Benz einzuholen und in Form eines Bürgergutachtens an die Verwaltung und den Gemeinderat zu übergeben. Das Motto war „Mit den Bürgern – für die Bürger“.

Haltung

Gute Bürgerbeteiligung beginnt mit einer offenen und wertschätzenden Haltung. Vom Bürgermeister Herrn Wein, über die Gemeindeverwaltung und die Vorhabenträger bis hin zu den Gästen und Experten zeigten sich alle von Beginn an offen für die Beteiligung und die Diskussionen. Aus den Debatten mit den Bürgern haben sich Gestaltungsspielräume und Kompromisse ergeben. Die Beteiligten haben sich sehr offen gezeigt, die Planungen und den Genehmigungsprozess an den Vorstellungen der Bürger auszurichten und in die konkreten Planungen zu überführen. Dies hat zum Beispiel beim Thema Gewerbesteuereinnahmen durch die Aufwertung des Standorts mit Produktionskomponenten oder beim Thema Zufahrtswege zur Entflechtung des Verkehrs geführt.

Themensammlung

Um den Themen der Bürgerinnen und Bürgern einen Raum zum Dialog zu geben, wurde zu Beginn öffentlich auf die Themenlandkarte und die Nennung von Themen hingewiesen. Es gab einen Aufruf im lokalen Gemeindeblatt und in der lokalen Zeitung. Es gingen einige Themen und Fragen ein. Diese wurden um die Wünsche der Mitglieder des Bürgerforums ergänzt und anschließend vom Bürgerforum priorisiert. Daraus ergab sich die inhaltliche Agenda des Bürgerforums.

Form der Zusammenarbeit

Neben der Agenda wurde in der ersten Sitzung die Form der Zusammenarbeit im Bürgerforum geklärt, u.a. ging es um die Form der Diskussionen, die öffentliche Transparenz und den Umgang mit den Ergebnissen. Es wurde festgelegt, dass alle Präsentationen im Anschluss der Sitzungen veröffentlicht werden. Die Protokolle sollten nach der Freigabe durch eine Redaktionsgruppe verteilt und öffentlich gemacht werden. Zudem wurde vereinbart, dass das Bürgergutachten erst der Gemeinde und dem Gemeinderat vorgestellt werden, bevor es an die Öffentlichkeit geht.

Mitwirkende

Die Servicestelle Dialogische Bürgerbeteiligung unterstützte die Gemeinde Bischweier sowie die Vorhabenträger Panattoni und Mercedes-Benz AG bei der Umsetzung des Dialogforums und stellte dafür unter anderem das Beteiligungsportal des Landes Baden-Württemberg bereit. Die Servicestelle beriet bei der Durchführung und hat das Dialogunternehmen ifok GmbH mit der Moderation und Organisation des Bürgerforums aus Mitteln des Strategiedialogs Automobilwirtschaft BW beauftragt.

Ablauf

Als Zeitplan haben sich alle Beteiligten auf einen sehr straffen Verlauf geeinigt. Innerhalb von 6 Monaten – von der ersten Idee bis zur öffentlichen Übergabe des Bürgergutachtens bei einer Informationsveranstaltung – wurde der Prozess sehr fokussiert und klar durchgeführt. Dies wurde immer transparent gemacht, um auch dem Wunsch der Öffentlichkeit und den Vorhabenträgern nach einem schnellen aber gutem Prozess Rechnung zu tragen.

Mitwirkungsmöglichkeiten

Diese Professionalität zeigte sich auch in den Mitwirkungsmöglichkeiten. Das Bürgerforum war der Ort des Dialogs und die Beteiligten konnten Themen, Fragen und Vorschläge für die Zusammenarbeit machen. Dies wurde ergänzt, um eine Information der Bevölkerung über das Beteiligungsportal. Hier war es möglich jederzeit Fragen einzureichen. Zudem hatte der Vorhabenträger eine eigene Projektwebseite geschaltet und die Gemeindeverwaltung und der Bürgermeister Herr Wein waren vor Ort ein stetiger Ansprechpartner, um Themen und Fragen aus der Öffentlichkeit einzubringen. Den Abschluss fand der Prozess in einer Informationsveranstaltung für die breite Öffentlichkeit, um sich über den Dialogprozess und die Ergebnisse sowie die Anpassungen und den Stand der Planungen zu informieren. Letztlich wurde die Frage, ob die Gemeinde ein vorhabenbezogenes Bebauungsplanverfahren einleiten soll in einem Bürgerentscheid den Bürgern zur Entscheidung vorgelegt. Dies zeigt, dass es breite Mitwirkungsmöglichkeiten gab.

Zufallsauswahl

Im Rahmen der Zufallsauswahl wurden 1/5 der Bürgerinnen und Bürger aus Bischweier angeschrieben und zum Bürgerforum eingeladen. Damit war sichergestellt, dass in fast allen Haushalten das Bürgerforum und die Bürgerbeteiligung bekannt war und die breite Bevölkerung sich einbringen konnte. Aus den rund 100 Anmeldungen wurde ein Forum aus 34 Bürgerinnen und Bürgern aus der Gemeinde zusammengesetzt, das die Bevölkerung von Bischweier hinsichtlich Alter, Geschlecht und Migrationshintergrund sehr gut abbildete. Weitere Kriterien wurden nicht erhoben.

Dokumentation

Der gesamte Prozess wurde auf dem Beteiligungsportal des Landes Baden-Württemberg dokumentiert und auch im Bürgergutachten festgehalten. Im Prozess gab es laufende interne Abstimmungsrunde zwischen der Servicestelle, dem Moderationsbüro, den Vorhabenträger und dem Bürgermeister Herrn Wein um auf die Bedürfnisse und die Diskussionen im Bürgerforum einzugehen und den Dialogprozess laufend anzupassen. Im Nachgang gab es bilaterale Feedbackrunden und die Möglichkeit für die Teilnehmenden ihre Rückmeldungen und Einschätzung zum Verfahren zu geben.

Kriterien guter Beteiligung

Die Servicestelle Dialogische Bürgerbeteiligung Baden-Württemberg hält den Dialogprozess aus folgenden Gründen für auszeichnungswürdig.

Wie aus der Beschreibung des Prozesses deutlich wird, haben der Bürgermeister Herr Wein, die Vorhabenträger sowie die Servicestelle sich an den Kriterien für gute Bürgerbeteiligung orientiert und sie soweit bestmöglich umgesetzt.

Dies ist in der Praxis nur möglich, wenn sich alle Beteiligten darauf einlassen, den Mehrwert von guter Bürgerbeteiligung zu kennen und darauf zu vertrauen. Das ist keine Selbstverständlichkeit, da der Druck bei elementaren und wegweisenden Entscheidungen häufig sehr hoch ist und die Beteiligung häufig nicht als Instrument gesehen wird. Dieses Einlassen auf den Dialogprozess ist daher so herausgehoben, da für alle Beteiligten viel auf dem Spiel stand. Für den Vorhabenträger ist die Ansiedlung ein elementarer Baustein, um den Bau von E-Fahrzeugen am Werk Rastatt produktionslogistisch zu gewährleisten. Für die Gemeinde ist eine solche große Ansiedlung etwas außergewöhnliches und ein großer Einschnitt, der die Gemeinde auf Jahrzehnte hinaus prägt. Vor allem vor dem Hintergrund, da das Unternehmen Kronospan, welches auf dem Areal vorher Spannholzplatten produziert hatte, eine hohe Belastung für die Bevölkerung aufgrund von erhöhten Emissionen darstellte. Herr Bürgermeister Wein hatte immer wieder damit geworben, dass auf dem Areal eine Nachfolgenutzung kommen soll, die dem Ort und den Menschen dient. Die Aufgabe des Bürgerforums war es daher, indirekt diese zentrale Frage zu klären.

Es zollt von großem Respekt, dass alle Beteiligten sich dem Dialog verschrieben haben und sich darauf im Sinne der guten Beteiligung eingelassen haben. Dies bedeutet auch dem Forum und dem Prozess Zeit zu geben und intensive, persönliche und zeitliche Ressourcen zu investieren, um dem Bürgerforum eine gute Arbeitsgrundlage für die Diskussion und Abwägung zu geben. Letztlich ist aber der wesentliche Grund, dass durch den Prozess die Planungen verändert und verbessert wurden. Es wurde die kritischen Themen im Bürgerforum aufgezeigt, und die Beteiligten haben sich Gedanken über Veränderungen und Anpassungen gemacht. Damit war das Bürgerforum ein Weg zu einer veränderten Planung.

Dass das Motto für die Bürger mit den Bürgern gelungen ist, zeigte die große öffentliche Aufmerksamkeit auf den Dialog und die Beteiligung am Bürgerforum. Es haben sich nicht nur 100 Bürgerinnen und Bürger bereit erklärt an dem Forum teilzunehmen, sondern fast 100 weitere Bürger haben aus verschiedenen Gründen aktiv abgesagt. Dieses hohe Commitment und den Wunsch und der Wertschätzung für den Dialog kommen hierdurch zum Ausdruck und sind in der Dimension einmalig in Baden-Württemberg.

Auch die klare Entscheidung beim Bürgerentscheid zeigt, dass hier eine Entscheidung zusammen mit den Bürgern getroffen wurde, die sich sowohl in der Akzeptanz, im Verfahren als auch im Ergebnis zeigt.
Der Kommentar in der BNN fast dies gut zusammen: nachahmenswert.

Links zu weiteren Informationen und Dokumenten

https://beteiligungsportal.baden-wuerttemberg.de/de/mitmachen/lp-17/icc-bischweier

https://zukunft-bischweier.de/

https://bnn.de/mittelbaden/rastatt/bischweier/icc-ansiedlung-in-bischweier-buerger-sollen-mitentscheiden

https://bnn.de/mittelbaden/rastatt/bischweier/forum-empfiehlt-buergerentscheid-zur-geplanten-icc-ansiedlung-auf-kronospan-areal-mercedes-benz

https://bnn.de/mittelbaden/rastatt/bischweier/kommentar-buergerentscheid-mercedes-logistikzentrum-nachahmenswert-demokratie

Ansprechpartner:
Bürgermeister Robert Wein
Gemeinde Bischweier
Bahnhofstraße 17
76476 Bischweier
E-Mail robert.wein@bischweier.de
Telefon (0 72 22) 94 34 22